Projekt #3: Günter Beier
05. November 2021 - 23. Januar 2022
DavisKlemmGallery Projektraum, Kirchstraße 4, 65239 Hochheim am Main
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Projekt #3: Günter Beier
DAS MATERIAL
Ein kuscheliges Nest und Stacheldraht? Diese Gegensätze interessieren den Künstler Günter Beier. Insbesondere das stachlige und schwer zu bearbeitende Material Stacheldraht, zu dem man ein „Fass das nicht an!“ im Ohr hat, fordert ihn heraus. Und ganz abwegig ist es als Material auch nicht: obwohl ein Nest innen von den Bewohnern sorgfältig gepolstert wird, wirkt es nach außen stachelig und bietet dadurch Schutz vor Invasoren.
Öl auf Leinwand verwendet Beier für einen analytischen Blick auf die interessanten natürlichen Konstrukte, die zunächst undurchschaubar und zufällig erscheinen. Die präzise Anwendung, die Ölfarbe besonders in der Widergabe der Farbe ermöglicht, macht sie zum idealen Instrument für den Künstler.
DER KÜNSTLER
Günter Beier ist 1959 in Wuppertal geboren und befasst sich mit Malerei und Skulptur. Nach Stationen in Köln und Hamburg, lebt und arbeitet Günter Beier heute am Bodensee. Bekannt ist er vor allem durch seine realistischen, idealisierten Ölgemälde, die sich mit interessanten Strukturen im Alltag, oft aus der Werbung, beschäftigen. Gleichzeitig befasst er sich in seinen Skulpturen mit rohen und rauen Materialien. Beide stellen Strukturen und Objekte in den Fokus, die im Alltag in ihrer Ästhetik oft übersehen werden.
DIE HERSTELLUNG
Stacheldraht ist ein widerspenstiges Material. Um es zu formen, wurde es auf „Schablonen“ aus Blumentopfen oder Holzblöcke gezogen, um die gewünschten Formen zu erzielen. Trotzdem gibt das Material schon viel vor und „gestaltet mit“. Ganz anders in der Ölmalerei. Hier untersucht Günter Beier die Konstruktion des Vogels genau. Mit Pinsel und Farbe bildet er sie Stück für Stück nach, um ein plastisches Motiv zu schaffen.
DIE EINFLÜSSE
Die Skulpturen in ihren einfachen, „armen“ Materialien und ursprünglichen Formen zeigen damit die Grundelemente der Arte Povera (ital. „arme Kunst“). Dazu passt auch Günter Beiers Suchen nach der Ästhetik im Alltäglichen. Seine Malerei hingegen ist sehr realistisch, teilweise idealisierend und oft sehr farbintensiv. Die Motive aus Alltagskultur und Werbung spiegeln Aspekte der Pop-Art wider.
DIE INSTALLATION
Günter Beier zeigt Tierbehausungen aus zwei Perspektiven. Sowohl in den Skulpturen als auch in der Malerei erforscht er die Strukturen von Nestern. In den Draht-Formen wird die räumliche Wirkung bewusst gemacht: nach außen wirken sie wehrhaft, innen entsteht ein geschützter Raum, der von außen einsehbar, aber nicht erreichbar ist. Durch die gewickelte Form wirkt die künstliche Höhle weit in den Raum hinein. Einerseits wird Distanz erzwungen, um einer Verletzung vorzubeugen, andererseits ziehen die verwobenen Flechten den Blick ins Innere.
Viel nahbarer sind die gemalten Nester. Der Blick kann ungestört in die Nähe treten und die Details der stabilen Konstruktion erfassen. Der unifarbene Hintergrund ermöglicht eine genaue Analyse ohne Ablenkung.
Ob gemalt oder in Draht: die Nester sind leer und unbewohnt. Sei es, weil Beier nur verlassene Nester, im Sturm von den Bäumen gewehte Behausungen als Vorlage verwendet. Sei es, weil jetzt im Herbst die Vögel in den Süden geflogen sind und ihre sorgsam errichteten Zuhause zurückgelassen haben.
DER RAUM
Der 20 m² große Raum, in dem früher Stifte und Schulhefte verkauft wurden, steht nun Künstler*innen der DavisKlemmGallery zur Gestaltung zur Verfügung. Statt regelmäßiger, aber begrenzter Öffnungszeiten, ist der Raum rund um die Uhr zu besichtigen: Durch die große Fensterfront ist der komplette Raum und damit das jeweilige Projekt ständig einsehbar. So werden hier wechselnde Projekte, Installationen, Kunstwerke und Künstler zu entdecken sein. Die aktuelle Präsentation wird bis 23. Januar 2022 zu sehen sein.
Projekt #2: Petra Scheibe Teplitz
04. September - 31. Oktober 2021
DavisKlemmGallery Projektraum, Kirchstraße 4, 65239 Hochheim am Main
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Projekt #2: Petra Scheibe Teplitz
DAS MATERIAL
Einkaufstüten. Ausgerechnet die nicht mehr existierende Supermarktkette Tengelmann liefert das Material für diese Würste. Ironisch, denn schon Peter Rühmkorf reimte: „Schnell tritt der Tod den Menschen an, kaufst du die Wurst bei Tengelmann.“ (Peter Rühmkorf: Die Jahre die Ihr kennt. Anfälle und Erinnerungen, Rowohlt Verlag 1972, S. 169) Die Künstlerin Petra Scheibe Teplitz kannte diesen Reim bei der Erstellung ihrer ersten Wurstinstallation noch nicht, findet ihn aber passend.
DIE KÜNSTLERIN
Petra Scheibe Teplitz (*1952 Isernhagen nahe Hannover) ist nach einem Studium an der Hochschule für Gestaltung in Offenbach am Main und der Nucleo de Arte Contemporaneo in Joao Pessoa, Brasilien, sowie einem fünfjährigen Aufenthalt in Washington seit 1993 in Frankfurt am Main tätig. Sie arbeitet mit gefundenen Materialien des Alltags, für die sie die Augen offen hält. Genauso offen bleibt sie für aktuelle Themen: die erste Wurstinstallation entstand als Reaktion auf die Fleischskandale 2012.
DIE HERSTELLUNG
Im Gegensatz zu ihrem seriellen Aussehen und den meisten ihrer industriellen Vorbilder sind die Würste von Petra Scheibe Teplitz „Heimarbeit“. Sie folgt dabei jedoch einem ähnlichen Ablauf wie in den Fabriken: an der Nähmaschine stellt sie aus einem Teil der Tengelmann-Einkaufstüte einen Schlauch her. Dieser wird anschließend gestopft und abgebunden, um die stabile Form einer Wurst zu erreichen. Als Füllung dienen die Reste der Einkaufstüten sowie kleingeschnittenes Dämmmaterial – wie immer recycelt die Künstlerin auch hier Materialien des Alltags.
DIE EINFLÜSSE
Petra Scheibe Teplitz interessiert sich für die Eindrücke des Heute: eine Litfaßsäule, eine Verpackung, ein Produkt des Alltags. Daher nennt sie als Einfluss beispielweise Robert Rauschenberg, der in vielen seiner Arbeiten ebenfalls Gefundenes verwendete – teilweise als Neodadaismus bezeichnet. Scheibe Teplitz arbeitet dagegen konzeptuell und oft auch seriell. So auch bei den Würsten, die als Reaktion auf den Fleischskandal in Serie produziert wurden.
DIE INSTALLATION
Der Schriftzug und die Farben der Firma Tengelmann bieten sich geradezu an für eine Massenproduktion von falschen Würsten. Wie Salami in der Metzgerei hängen die Würste von einem raumhohen Gestell, stapeln sich dazu noch auf dem Boden – zum massenhaften Abtransport bereit? Künstliche Plastikverpackung mit unbekannter Füllung in Serie, so präsentiert Petra Scheibe Teplitz ihre Wurstinstallation als Anstoß und Fragestellung zum Fleischkonsum und Lebensmittelhandel.
DER RAUM
Der 20 m² große Raum, in dem früher Stifte und Schulhefte verkauft wurden, steht nun Künstler*innen der DavisKlemmGallery zur Gestaltung zur Verfügung. Statt regelmäßiger, aber begrenzter Öffnungszeiten, ist der Raum rund um die Uhr zu besichtigen: Durch die große Fensterfront ist der komplette Raum und damit das jeweilige Projekt ständig einsehbar. So werden hier wechselnde Projekte, Installationen, Kunstwerke und Künstler zu entdecken sein. Die aktuelle Präsentation wird bis 31. Oktober 2021 zu sehen sein.
Projekt #1: Albrecht Wild
01. Juli - 31. August 2021
DavisKlemmGallery Projektraum, Kirchstraße 4, 65239 Hochheim am Main
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Projekt #1: Albrecht Wild
DAS MATERIAL
Sind das Bierdeckel? Ja, Albrecht Wild arbeitet seit Jahrzehnten mit diesem ungewöhnlichen Material, das als object trouvé (gefundenes Objekt) den Weg in seine Kunst gefunden hat. Viele Vorteile bringt es mit: Es ist ein international bekannter und genutzter Alltagsgegenstand. Es ist variantenreich (Die Bildmotive reichen von Pin-Ups bis zu japanischen Landschaftsbildern, das Design von traditionell bis avantgardistisch, die Schriftarten von opulenter Frakturschrift bis zu minimalistischen Schriftarten der 60er Jahre.). Sein Material und seine Form sind gut zu verarbeiten. Aus der Nähe sind diese Details sowie die rätselhaften Formen zu erkennen, aus der Entfernung ergeben sie einen Teppich aus Ornamenten.
DER KÜNSTLER
Albrecht Wild ist Maler und Konzeptkünstler. 1959 in Weinheim an der Bergstraße geboren, studierte er an der Städelschule in Frankfurt am Main als Meisterschüler bei Thomas Bayrle und in London an der Slade School of Fine Art bei Bruce McLean. Er lebt und arbeitet in Frankfurt.
DIE HERSTELLUNG
Für jede Collage verwendet Albrecht Wild drei gleiche Bierdeckel, welche er mit vier präzisen Schnitten zerteilt und zu neuen Formen zusammensetzt. Dadurch ergibt sich eine neue Perspektive auf das bekannte Material. Interessante Aufdrucke und Grundformen ergeben ausgefallene Objekte, deren ursprüngliche Motive nur schwer zu entschlüsseln sind.
DIE EINFLÜSSE
Das ‚object trouvé‘ findet sich bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts in der Kunst, der Name Marcel Duchamp ist unweigerlich damit verbunden. Sein Ansatz war die Umdeutung eines gefundenen Objekts als Kunst um eine neue Perspektive zu schaffen. Daneben gibt es aber auch Einflüsse der ‚shaped canvas‘ (geformte Leinwände) in Albrecht Wilds Werk.
DIE INSTALLATION
Als „Aquarium“ bezeichnet Albrecht Wild den Projektraum. Nicht nur, dass der Betrachter von außen durch das Glas hineinschaut, sondern es schwimmen auch „Fische“ darin herum. Diese „Fische“ sind eigentlich zahlreiche Einzelwerke, in verschiedensten Formen und Farben, sodass sich keine zwei komplett gleichen. Diese individuellen Kunstwerke sind immer nach dem gleichen Konzept entstanden: drei Bierdeckel, höchstens vier Schnitte. Dadurch ergibt sich ein Muster, eine Tapete, eine Art Wandteppich oder eben ein Aquarium, in der der Blick und der Besucher eintauchen können um verschiedene Spielformen der Bierdeckelkunst zu entdecken.
DER RAUM
Der 20 m² große Raum, in dem früher Stifte und Schulhefte verkauft wurden, steht nun Künstler*innen der DavisKlemmGallery zur Gestaltung zur Verfügung. Statt regelmäßiger, aber begrenzter Öffnungszeiten, ist der Raum rund um die Uhr zu besichtigen: Durch die große Fensterfront ist der komplette Raum und damit das jeweilige Projekt ständig einsehbar. So werden hier wechselnde Projekte, Installationen, Kunstwerke und Künstler zu entdecken sein. Die aktuelle Präsentation wird bis 31. August 2021 zu sehen sein.